Psyche & Umfeld

Ein heißes Eisen
Überblick
Zur gesundheitlichen Grundproblematik gehört eine mangelhafte Emotionsregulation dazu. Sie ist körperlich bedingt, was man als Betroffene genau spürt. Es ist dann nicht leicht zu ertragen, dass die Kriterien für eine Depression greifen und die eigene Situation ärztlicherseits so umfassend beschrieben erscheint...
So sah es bei mir aus
Die klassischen Phasen einer Krise lassen sich bei meinem Krankheitsverlauf gut feststellen.- Ich gehe dabei allerdings etwas übermütig davon aus, dass ich das meiste schon geschafft habe. - Time will tell!
Außerdem ist es mir ein Anliegen, die extrem schwierige Situation mit dieser Krankheit im jeweiligen Umfeld zu skizzieren. Und: Ja! Ich bin mir voll und ganz darüber bewusst, dass ich innerhalb dieser Krankheit in vielerlei Hinsicht priveligiert bin, was mir Genesung überhaupt erst möglich macht.
1. Schock: Der Schock ereilte mich, als ich erkannte, dass ich 1,2km Wegstrecke in 3 Teilabschnitte zerlegen musste und es mir nicht möglich war 3x am Tag 20 Minuten auf zu sein. Von ärztlicher Seite hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Hilfe zu erwarten. "Ja, das gibt es manchmal."- Das fühlte sich aber alles andere als "normal" an...- Es gab immer mal wieder eine solche Schockphase.- Zum Beispiel fast ein ganzes Jahr später, als ich plötzlich merkte, dass ich mein Wasser nicht mehr halten konnte. Ein österreichischer Psychologe, der selbst von Longcovid betroffen ist, schilderte, wie er bei jeder Nachfrage nach seinem Befinden eine Retraumatisierung erlebt hatte.- Genau so ging es mir über viele Wochen (Monate?) bei meinen wöchentlichen Arztbesuchen. Ich trat in das Sprechzimmer, man fragte alles in mir klappte zusammen. Ich kam mir vor, als hätte ich ein feines Gericht unter einer silbernen Servierglocke (nennt man das so?) vorbereitet, doch der Arzt hebt die Abdeckung und darunter liegt--- ein Mettigel. Nein, nicht ein rohes Hähnchen, auch kein Stück gehäutetes Fleisch, sondern mit grober Gewalt bis zur Unkenntlichkeit zerstörter Körper...
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2. Festhalten, Ablehnung: Ein Impfschaden war echt das Letzte, was ich haben wollte. Ich redete mir ein, dass ich bestimmt eine unentdeckte Coronainfektion hatte, was wegen beruflich verlangter, regelmäßiger Testungen aber extrem unwahrscheinlich war. Auch hatte bis zu diesem Zeitpunkt niemand aus meinem Haushalt oder näherem Umfeld Corona gehabt... Der nächste Erklärungsansatz war, dass einer der Infekte die Postvirale Fatigue ausgelöst hatte. Erst sehr allmählich konnte ich mir eingestehen, dass es schon vorher Anzeichen gab und dass ein Puzzleteilen zum anderen passte, wenn ich die Impfung als Auslöser betrachtete... - Da hatte ich schon selbst einen solchen inneren Kampf mit dieser Diagnose auszufechten. dann musste ich noch erleben, dass ich nun "ein Politikum" wurde. Für die einen war ich direkt ein Nazi, wenn ich Zweifel an der hilfreichen Wirkung der Impfung für mich äußerte. Die anderen bezeichneten mich als "selbst schuld" und "dummes Schlafschaf", denn das hätte ich ja besser wissen müssen. - Mich darf es so eigentlich nicht geben in unserer Gesellschaft!

3. rationale Einsicht: Auch die kam kleckerweise, war aber gar nicht so schwierig. Zu der Zeit konnte ich noch ganz gut lesen und verstand recht früh das Krankheitsbild von ME/CFS und die Schwierigkeiten einer adäquaten Behandlung.- Da war ich ca. nach nem halben Jahr, würde ich sagen.

4. emotionale Einsicht/ Loslassen: Das war dagegen eine echt schwere Geburt. Das geht eben nicht über den Kopf, die Ratio. Da kannst du noch so viele biologische Fakten kapiert haben. Das hier ist radikale Akzeptanz. Ja! Es ist, wie es ist! Jetzt, sofort kann ich die Situation nicht ändern, nur hinnehmen. Ich würde behaupten, dass diese Phase bei mir zweigeteilt abgelaufen ist, denn ich musste auch komplett aus dem Gedanken raus: Ich tue jetzt nur noch, was gesund ist. Mir war schon viele Monate klar, dass ich Leichtigkeit schmerzlich vermisste, doch ich hatte keine Idee, wo ich diese herbekommen sollte...
Das Finden der Baseline ist hier meiner Ansicht nach zentral und hat sich bei mir durch die Phasen 4. und 5. gleichermaßen gezogen.

5. üben & ausprobieren: Das Finden der eigenen Baseline ist mir echt schwer gefallen. Permanent haute mir mein Hirn dazwischen, was mir Sätze flüsterte wie: mit der Familie essen, wird ja wohl drin sein oder du wirst dir ja wohl die Anliegen deiner Lieben anhören können und eine freundliche Stellungnahme abgeben können oder man duscht ja wohl vor Arztbesuchen, ... - Aber es war eben nichts mehr so, wie mein Gehirn es verinnerlicht hatte. Zum Glück hat mich meine Familie sehr unterstützt darin, dass ich meine Erwartungshaltung mir gegenüber komplett zurück fahren konnte.
Das reichte mir aber nicht. Ich wollte seelisch gewappnet sein für eine chronische Krankheit, die möglicherweise fortschreitend ist oder lebenslänglicher Begleiter wird. Das letzte, was ich wollte, war jammernd in der Ecke liegen und den Menschen, die mir viel bedeuteten, das Leben sorgenvoll und schwer machen. Dankenswerterweise bin ich mit einer guten Portion Humor und Selbstironie aber auch Zuversicht ausgestattet. Ich wollte innerhalb meiner Möglichkeiten Beschäftigungen finden, welche mir Freude bereiteten. Diese durften meine Energie nicht schon während der Vorbereitungen verausgaben, mussten kurz und knackig durchzuführen sein...- Viel blieb da nicht: beim Nähen legte ich die Stoffstücke verkehrt aufeinander, stricken als hochgradig monotone Bewegung gab dem beteiligten Gewebe regelmäßig den Rest, versuchte ich zu kochen, so wurde mir so übel, dass ich garantiert nichts mehr von meinem Gericht essen mochte. Singen und später dazu Gitarre Klampfen funktionierte. "Kritzeleien" auf dem I-pad funktionierten, Sauna funktionierte, Kinderhörbücher (Cornelia Funke ist einfach großartig) funktionierten. - Mit all dem bin ich gestartet. Die Lichterkette war zunächst eher funzelig, gewann aber an Strahlkraft, als ich beschloss meine nervigen "Pflichtspaziergänge" gegen 10 Minuten Gartenarbeit einzutauschen. Und so habe ich entgegen meiner ökologischen Überzeugung Weihnachten damit begonnen Verblühtes im Garten abzuschneiden und Unkraut zu jäten.- Das hatte ja sogar einen gewissen Nutzen. Zum Putzen des Badezimmers benötigte ich eine ganze Woche, aber es war ein gutes Gefühl.- Nie in meinem Leben hatte ich lieber Toiletten geputzt...
Eine echte Herausforderung war aber die Tageslänge. Es war mir unmöglich einen ganzen Tag mein Energielevel so zu halten, dass ich nicht in schwere Grippesymptome fiel. Oft war schon um 14.00 Uhr Ende. Da aber Schlafen zur Erholung auch nicht im Programm vorgesehen war, war das ein echtes Problem. Lösung brachte hier das Verschieben der einzelnen Aktivposten im Laufe des Tages. Als ich endlich erkannt hatte, dass Verdauung meinen Körper sehr anstrengt, bekam er Verdauungspausen und weniger Mahlzeiten. Zurzeit braucht mein Körper es gegen Mittag, dass mein Hirn zwei Stunden lang Pause bekommt.- Das ziehe ich auch im Urlaub oder auf den Fahrten durch und damit geht es mir super.- Doch: wie schaltet man sein Hirn aus bzw. auf einen niedrigen Energielevel? Wie sieht für meinen Körper in dieser Situation angemessenes Pacing aus? Fest steht: die üblichen Verdächtigen wie lesen, Handy, Serien, Hörbuch etc. sind nicht geeignet...- Für mich waren je nach Tagesform in den schwereren Phasen meiner Krankheit nur folgende Zeitvertreibe möglich:
-"Delirium": liegen, Augen zu, Gedanken treiben lassen (Nein, gegrübelt habe ich nie.- Das ging auch gar nicht, da ich nicht in der Lage war, irgendwelche Gedanken zielgerichtet zu verfolgen...)
-"Naturfernsehen": Ich habe einen genialen Ausblick von Bett und Sofa und habe einfach den Vögeln oder den Wolken zugesehen. Damit habe ich Stunden verbracht.
-Tauchvideos: ohne Ton, einfach nur die netten Farben und Formen, das Dahinziehen und Plätschern- auch so konnte ich manche Stunde verbringen
-AVWF-Musik (Musik zur Audiovisuelle Wahrnehmungsförderung): Müsst ihr googeln, war mir aus beruflichem Kontext bekannt. Ich habe mir gute Kopfhörer gekauft und mir zwei CDs schenken lassen.-Ich denke, dass ich mittlerweile schon auf die Musik konditioniert bin und habe das Gefühl, dass Entspannung sehr flott damit einsetzt. (Wirkung auf den Parasympathikus.- Polyvagaltheorie lohnt es sich auch zu googeln.)
-Marina Orth- Entspannung mit der erLiebensWERT Safari
-DM Harmonics: Delta-Code- Der Schlüssel zur Selbstheilung Sehr angenehm, man wird dazu eingeladen, dabei einzuschlafen. Die Datei war teuer, aber ein absoluter Lebensanker, gerade im Urlaub, wenn die AVWF CDs nicht zum Einsatz kommen konnten...- Das ist zurzeit meine absolute Lieblingsentspannung.
-Joe Dispeza - Den fand ich früher ganz gut. Aber wenn dir so ein Entspannungsguru immer sagt, dass du dafür sorgen sollst, dass dein Körper nicht dein Mind regiert, dann ist das mit ME/CFS doch sehr frustrierend. Das würde ja bedeuten, dass ich unfähig bin. Dabei wollte ich die Symptomatik eher so verstehen, dass ich dem Körper genauer zuhören musste...- Letztlich waren seine Meditationen für mich über Monate hinweg auch aus kognitiven Gründen nicht machbar. Die erforderliche Konzentration konnte ich nicht einmal 10 Minuten halten...
-Neurografik: Ich weiß nicht mehr genau, wie ich darauf gestoßen bin, aber die Kombination von Reflexion und Kritzelei hat mich sehr entspannt und ich habe zum Teil jeden Tag mindestens eine Stunde damit umgebracht...

6. Erkenntnis: Mittlerweile bin ich auch hier angekommen und ich habe einiges verstanden: Die Erkenntnis, dass ich nicht in meinen alten Beruf zurück kehren kann, die Erkenntnis, dass ich dennoch ein glückliches Leben haben werde und trotz Krankheit liebenswert bin. Die Erkenntnis, wie ich mit mir und meiner Erkrankung umgehen muss, um maximal etwas aus meinen Tagen herausholen zu können. - Ich fürchte, dass hier auch die Erkenntnis dazu gehört, dass es so etwas wie gesund werden nicht geben wird und ich dauerhaft mit dieser Krankheit umzugehen habe...

7. Integration: In dieser Phase befinde ich mich jetzt und das ist auch de rn, weshalb ich hier weniger aktiv bin. Ich will nicht mehr immer um die Krankheit kreisen. Sie ist da und ich habe damit umzugehen. Fertig! Für mich geht es jetzt darum Lebensqualität und Krankheit zusammenzubringen. Bei meinem Krankheitslevel scheint mir das möglich. Ihr könnteuchgr nicht vorstellen, wie dankbar ich für mein sonniges Gemüt und optimistisches, pragmatisches Denken bin. Ich brauche für alles sehr viel länger und vieles geht auch gar nicht mehr. Aber ich habe ein schönes Zuhause und tolle Menschen (und Tiere) um mich herum, viele Ideen und Hobbys.- Da lässt sich doch bestimmt noch mehr draus machen...
Changemanagement
Phasen in Krisen
und wo stecke ich jetzt?
Meine Emotionen ließen sich von mir zeitweise wenig regulieren. Mal badete ich in Endorphinen, was mein Mann ganz putzig anzuschauen fand, dann versank ich im Geheule. Ich denke, dass hier das Nikotin Besserung gebracht hat. Und natürlich "Arbeit am Mindset".
Lange Zeit stand auf meinen ärztlichen Rechnungen die Diagnose depressive Episode. Ja klar, anhand der wirklich dusseligen Kriterien war das auch so. Das leuchtet mir ein. Und ja: ich habe über Monate so viel geheult, dass es fast ein Wunder ist, dass ich nicht völlig ausgetrocknet bin...- Was mich daran gestört hat, ist, dass ich meine Trauer um mein altes Leben eine sehr verständliche und im Grunde auch gesunde Reaktion fand. Das war ja nicht die Ursache meiner Problematik, sondern die Folge.

Verbundenheit:
Obwohl mich das Gefühl anders zu sein, seit der Kindheit begleitet, habe ich immer irgendwo dazu gehört und mich verbunden gefühlt. Das kam mir plötzlich abhanden. Denn obwohl ich tolle Sozialkontakte hatte, spürte ich, dass diese meine Situation nicht im geringsten nachvollziehen konnten. Ich bekam den gut gemeinten Vorschlag, es doch mal mit einer Therapie zu versuchen (ich bin allem Psychokram gegenüber sehr aufgeschlossen, aber es würde mein Grundproblem nicht retten). Jemand riet mir, doch einfach mit einem starken Mind die körperlichen Signale zu ignorieren, um den Körper so aus der Krise zu steuern. Wer anders fragte mich: Und dann bist du also immer müde? NEIN! Ich wünschte ich wäre zumindest nachts müde. Ich bin erschöpft. Das ist ein völlig anderes Gefühl.- Alle diese Menschen meinten es gut mit mir. Das konnte ich in meiner Verletztheit gerade noch so erkennen. Die sorgenvollen Blicke meines Mannes (oder noch schlimmer, die der Kinder) konnte ich kaum ertragen. Es reichte doch, dass ich mir Sorgen um mich machte. Aber ich wollte auf keinen Fall Grund zur Sorge anderer sein.
Was dann half, das hätte ich niemals gedacht: Es waren die sozialen Netzwerke. Auf Instagram folgte ich Menschen mit dem selben Krankheitsbild. Als zusätzliches Kriterium nahm ich einen positiven Umgang mit der Krankheit hinzu. Ich traf auf eine weitere Betroffene, die ich aus Kindertagen kannte und mochte. So war ich nicht mehr alleine und hatte Menschen, denen ich etwas vorheulen konnte. Diese verstanden, dass ich um mein altes Leben und um die verlorene Leichtigkeit trauerte. Sie wussten, dass dies keine Depression als eigenständiges Krankheitsbild war, sondern eine mehr als gesunde Reaktion auf das, was ich verloren hatte. Sie konnten mir Hoffnung geben, weil sie im selben Elend dennoch einen schönen Tag erleben konnten. Sie nahmen mich, wie ich bin. Da wir alle schwierig mit Kognition und Schreiben waren, gewöhnten wir uns an belanglose Sprachnachrichten zu versenden, die den Blick aus dem Fenster oder ein seltsames neues Symptom schilderten.- Ohne euch hätte ich das lange nicht so gut gepackt!

Trauer-
Ich habe so viel geheult, wie noch nie in meinem Leben. Es gab allen Grund dazu und ich sehe nicht ein, warum ich das vor irgendjemandem geheim halten sollte. Außerdem hatte ich so wenig Energie- da wäre es fatal gewesen diese in ein "Sich-zusammenreißen" zu investieren.

Dankbarkeit ist ein mächtiges Werkzeug:
Vor den ersten Symptomen hatte ich noch ein paar Bücher gelesen, die mir in meiner Krise weiterhelfen sollten. Sebastian Purps-Padigol geht in seinem Buch "Leben mit Hirn" unter anderem auf die Bedeutung der Dankbarkeit für die Gesundheit und die Lebenserwartung ein. Er geht dabei auch auf die sogenannten Locked-in-Patienten ein. Mich hat alles an seinen Ausführungen überzeugt. Ich stellte mir also die Frage: "Wofür kann ich heute dankbar sein?"- Anfangs schrieb ich auf, was mir einfiel. Dann verselbstständigte sich das Ganze jedoch und ich muss sagen, dass ich mein Leben als mit Fülle und Glück überschwemmt empfinde. Das ist nicht immer leicht für mein Gegenüber zu verstehen. Besonders, wenn man mich von früher als sehr aktiven Menschen kennt und dann hört, wie wenig gerade für mich machbar ist und was mein Körper alles an Symptomen zu bieten hat.

Zuversicht vs. Hoffnung:
Immer, wenn ich meinte, dass es etwas besser wurde, kam irgendeine "Symptomkeule". Es dauerte, bis ich Symptome einfach nur als Körperzeichen deuten konnte und diese nicht mehr als eine Art "Bestrafung" für z.B. zu viel Bewegung bewertete. Positive Gefühle waren essentiell für meine schweren Tage, das war mir klar. Ich war zuversichtlich, dass ich es hinbekommen würde, wieder ein fröhliches, erfülltes Leben innerhalb meiner Möglichkeiten zu gestalten. Wie auch immer dieses aussehen würde... Hoffnung erschien mir als Begrifflichkeit eher naiver, unbegründeter als der Begriff Zuversicht. Der Satz "der Teufel kommt im Gewand der Hoffnung" setzte sich in meinem Hirn fest, denn nichts war anstrengender als immer wieder mit enttäuschter Hoffnung umgehen zu müssen...
Depression und Emotionsregulation
was ist denn jetzt krankhaft?
Mindset und Gehirnstoffwechsel
Ich halte mich diesbezüglich für recht gut aufgestellt und bin davon überzeugt, dass mich diese Resilienz stärkt und hilft diese bisher schwerste Lebenskrise zu meistern. Im Netz stieß ich auf den Resilienz-Kongress von Sebastian Mauritz und erhielt hier in schwerster Zeit viele Auffrischungsimpulse. Hier ein paar Gedanken, welche ihr auf der Website des oben genannten Autors finden könnt:

die vier Grundhaltungen der Resilienz:
Akzeptanz
(Was kann ich nicht ändern?), kognitive Selbstakzeptanz und emotionale Selbstannahme. Puh, da war zwischenzeitlich nichts von meiner alten Persönlichkeit übrig. Das war schon extrem schwer, mich selbst da anzunehmen.- Was mir hierbei echt geholfen hat: Michael Bohnes Buch (und dessen Anwendung) "Bitte klopfen!"
Bindung-
hier geht es sowohl um die Beziehung zu mir selbst, aber auch zu anderen Menschen, Gruppen und Systemen. Da ist alles ins Rutschen gekommen, was rutschen konnte.- Mit Ausnahme meiner Kernfamilie und meiner Herkunftsfamilie.- Welch Geschenk, dass da nie etwas in Frage stand. Alles andere musste ich mir mühsam zurück erobern, als ich wieder mehr Energie hatte und- ehrlich gesagt liegen meine Kontakte aus dem alten Leben noch größtenteils brach. Ich hoffe darauf, dass man es mir nachsieht, dass ich nicht zur Kontaktaufnahme in der Lage war. Sollten einzelne das anders sehen, so werde ich das verschmerzen können. Echte Verbundenheit fand ich in einzelnen Personen meiner Community und auch bei guten Freunden.
Lösungsorientierung-
Ich hatte immer das Ziel eines lebenswerten Lebens, konkret hieß das für mich Kreativität ausleben und selbstwirksam sein, Kleinstbausteine boten zunächst Musik und Garten. - Und auch so klitzekleine Entscheidungen, wie nicht bloß in Jogginghose rumzulaufen und mich so zu schminken, dass ich zumindest halbwegs Gefallen an meinem eigenen Anblick habe...
gesunder Optimismus:
Hier kommt natürlich die Dankbarkeit ins Spiel. Und ich spürte sehr, dass ich dazu allen Grund hatte.

drei Praktiken:
Selbstwahrnehmung-
Körpersignale wahrnehmen und einordnen können, sodass man ein eigenes, hilfreiches Feedbacksystem hat.- Das war ein Stück Arbeit, das sag ich euch. Das waren aber auch einfach viel zu viele Symptome auf einmal um da durchzusteigen... Zeitweise habe ich meine Gefühle, Schmerzen und Symptome in Skalen von 1-10 notiert um den Überblick zu behalten.
Selbstreflexion
-hierbei geht der Blick im Grunde von einer Metaebene auf eine Außenbetrachtung. Ziel ist auch das Verständnis für sich selbst zu stärken. Das gelang mir recht gut. Denn ich hatte viel Verständnis für meine Trauer und Verzweiflung.
Selbstwirksamkeit-
Das ist ja ohnehin mein Ding. Ich selbst bin diejenige, die mein Leben und Wohlbefinden in der Hand hat. Nicht mein Partner muss mich glücklich machen, nicht mein Arzt gesund und schon gar nicht meine Kinder mir Lebenssinn bieten... Ich habe mich trotz Impfschaden nie als Opfer gefühlt. Ich hatte die Entscheidung zur Impfung aus freien Stücken gefällt. Dass ich dieses im Nachhinein als schädlich für mich bewertete, hatte sicherlich eine gewisse Tragik, war aber nun ja nicht mehr zu ändern... Die sich nun stellende Frage war eher: Was kann ich denn verändern und wo kann ich mir Hilfe holen?
Resilienz
innere Stärke hilft in der Krise
Wem habe ich das eigentlich zu verdanken?
Was mir alles fernab von Heilmitteln und Therapieansätzen gut getan hat:

Musik machen & hören (Neue Instrumente lernen geht nicht, Altes hervorkramen sehr wohl, tut psychisch gut und trainiert das Hirn, außerdem legt Musik Gefühle frei- das war zu Beginn ein echtes Thema. Wenn noch nicht bekannt zwei Empfehlungen für gute Laune Musik: Katzenjammer, Brandenburgische Konzerte & Jon Batiste)


Von anderen Menschen anstecken lassen. Ich will es nicht Inspiration nennen, denn ich habe echt mit dem Stumpfsten angefangen, was es so gibt: Zu Beginn betrug meine Aufmerksamkeitsspanne nur ca. 2 min. Ich würde behaupten, dass ich alle "Knallerfrauen"- Videos auf You Tube gesehen habe. Danach folgten Sketch-History mit dem genialen Max Giermann und "Götter wie wir" von Carsten Strauch. Egal, ich konnte schon immer über die blödsten Witze lachen...
Als es mehr Hirn wurde, habe ich mir den "fröhlichen Jungen" Pierre M. Krause mit seinem netten Format "Kurzstrecke" zugeführt. Mit noch mehr Hirnkapazität wurde es Hartmut Rosa, der Jenaer Soziologe der meiner Einschätzung nach- im Gegensatz zu anderen, die sich selbst als solche erklären- tatsächlich das Zeug zu Deutschlands Chef- Philosophen hätte. Dringende Empfehlung: das Video von Jung &Naiv mit ihm.- So schön zu sehen, wie die beiden Spaß am Denken und Leben haben.-Und ja: seine Überlegungen zur Unverfügbarkeit überzeugen mich vollends.

Jon Batiste hatte ich schon unter Musik erwähnt. Vor ihm mochte ich kein Jazz. Schaut man sich ihn aber an, wie er in seiner Musik schwimmt, kann man nur begeistert sein. Auch die Interviews, die ich mit ihm (und seiner Frau) gesehen habe, haben diese Einschätzung verstärkt.
Monty Don, der fröhliche und tiefenentspannte BBC Gärtner, musste warten, bis ich Englisch wieder "an den Ohren haben" konnte. Da Gärtnern aber mein Spezialgebiet ist, musste ich nicht auf echtes Sprachverständnis warten, was einiges erleichtert hat.
Über Mark Benecke bin ich wegen eines Videos zu Longcovid gestolpert. Neurodivers, vielseitig, ein fettes Anliegen hinsichtlich Klimaschutz und irgendwie Interesse an allem, was bei drei nicht auf den Bäumen ist.- Genau mein Ding!

digitales Malen- anders ging es nicht und irgendwie muss man die Zeit ja verbringen - Angefangen habe ich mit Neurografik- Hirnruhe und Zeit totschlagen in einem, so habe ich einige Monate jeden Nachmittag verbracht.

die eigene Optik feiern- nicht, dass es da viel Grund für gab, aber ich habe mir von einer befreundeten Stylistin zeigen lassen, wie ich mich so schminke, dass ich nicht tot aussehe. Ich konnte den eigenen Anblick nicht ertragen. Jeden Tag habe ich mich so angezogen, dass ich Spaß dran hatte...

Hörbücher- alles von Cornelia Funke

Simple Serien- es musste egal sein, wenn ich Teile des Plots nicht mitbekam, die Schnitte durften nicht zu zackig sein, Serien mit vielen Folgen bekamen Vorrang, da ich dann die Protagonisten nicht mehr einordnen musste.- Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich keine einzige SOKO Folge gesehen...- Nun kenne ich sie alle...

Natur- Liegemöglichkeiten mit Bettdecke draußen - wenn es zu kalt ist zumindest mit Blick nach draußen

Hunde streicheln- geht erwiesenermaßen auch mit Katzen oder Schafen

Gartenarbeit- mein persönlicher Heilsbringer, bin Weihnachten mit 5 Minuten täglich angefangen. Für mich besser als Spazierengehen, weil Gartenarbeit zusätzlich zum Zweck der Bewegung an der frischen Luft auch noch einen eigenen Zweck (nämlich Gartengestaltung) hat. Ich habe das um der Sache willen getan und hatte damit nicht immer diesen lästigen Gedanken von Gesundheitsoptimierung im Kopf.

Hausarbeit- die hat mir noch nie in meinem Leben so viel Spaß gemacht wie jetzt.- Hat wohl was mit Selbstwirksamkeit zu tun. Als ich da noch keinen Handschlag machen konnte, habe ich es mit einem sehr sehr dicken Fell versucht.- Ging erstaunlich gut...

Was lange nicht ging: stricken (zu einseitige Belastung), nähen (Stoffe ständig falsch zusammengelegt), lesen (behielt den Plot nicht), Malen in echt (zu viel Vor- und Nachbereitung, sprich Planung), Kochen (entweder kochen oder essen- benötigt beides echt viel Energie), backen oder Bastelkrams (stehen und auch lange sitzen ist schlecht, außerdem zu viel Planung)
Wie ich mich um mein Wohlbefinden gekümmert habe?
Ich baute mir eine Lichterkette.
Lebenszufriedenheit erhöhen trotz krasser Symptome.
Ich bin hochgradig privilegiert. - Das fällt mir immer wieder auf, wenn ich von anderen Erkrankten höre - denn ich bin finanziell abgesichert. Die Gefahr mit dieser Krankheit in Armut abzurutschen ist andernfalls sehr groß. Ich habe recht früh kapiert, welcher Art mein gesundheitliches Problem ist, sodass ich mich nicht völlig "kaputtgewirtschaftet" hatte. Meine Kinder sind bereits groß und selbstständig. Ich habe eine tolle, extrem unterstützende Familie. Ich bin sozial gut eingebunden. Ich habe ein räumliches Umfeld, in welchem ich meine Genesung wunderbar umsetzen kann. Ich habe genug Dinge in meinem Leben erfahren, die mir gezeigt haben, dass nach schweren Phasen auch wieder gute kommen und dass es möglich ist, auch in Krisen Schönes zu genießen. - Womit ich nicht sagen will, dass dies nicht sogar in meiner Situation ein heftiges Stück Arbeit war...
Finanzen, Energie, soziales Umfeld...
Ressourcen schonen
Aber was tun, wenn sie aufgebraucht sind?
Welche Fragen bleiben? Geduldig mit anderen war ich eigentlic immer. Mit mir selber aber nicht.- Nun, das habe ich in den letzten beiden Jahren echt lernen müssen. Ich wüsste echt gerne, wie es mit mir weiter geht.
Werde ich ganz genesen? Werde ich "die Alte" sein? Will ich überhaupt wieder "die Alte" sein? Was sollte ich dann aus diesem ganzen Schlamassel gelernt haben? Was war das Gute daran? Selten in meinem Leben habe ich so wenig gewusst, was vor mir liegt...
Eine liebe (und echt kompetente) Bekannte hat mir angeboten mich dabei zu unterstützen für mich die Anerkennung meines Impfschadens zu versuchen. -Der Haken ist, dass mir schleierhaft ist, wie man das gesichert nachweisen will. Zum anderen benötigt dieser Weg echt viel Energie und ich denke, dass ich diese deutlich lieber in mein eigenes lebendig sein investieren möchte...
Besteht bald wieder die Chance auf Berufsfähigkeit?
Das ist natürlich eine weitere schwerwiegende Frage, die mich sehr beschäftigt. Ich habe meinen Beruf immer geliebt und ihn auch als Berufung empfunden. Um diesen ausführen zu können, muss ich jederzeit 150% geben können, auch mal am Tag 16 Stunden auf sein und im Grunde auch arbeiten können. Mein Hirn muss planen, strukturieren und vernetzt denken können... Ich muss Lärm aushalten und hochkochende Emotionen anderer, mich zurücknehmen, lesen und rechnen. Vor allem muss ich priorisieren können und weiter mag ich gar nicht darüber nachdenken, denn schon jetzt erscheint mir das alles echt unerreichbar...- Das Schlimmste: Wie soll mein Arbeitgeber verstehen, dass ich das nicht mehr kann, ohne dass er mich vorher scheitern lässt???
Es steht der Besuch beim Amtsarzt an. Ich ahne, wie das ausgeht und bin in Frieden damit...
Banger oder zuversichtlicher Blick in die Zukunft?
offene Fragen
Geduld, Geduld, Geduld...